#Wochenmärkte haben schon immer einen besonderen Reiz auf mich ausgeübt, nicht nur der Farben und Düfte wegen, sondern auch, weil an diesen Orten die Menschen oft vergnügter als sonst miteinander kommunizieren und fast alle mit hellwachen Augen sehr präsent erscheinen.
Wo Markt ist, ist JETZT.
Weil das so ist, möchte ich auf der Eventseite von "Buch, Kultur und Lifestyle" in den nächsten Monaten schöne Wochenmärkte - primär im Rhein-Main-Gebiet - vorstellen und mit dem Marktreiben in Mainz beginnen, das ich bereits zu Studienzeiten sehr geschätzt habe, weil die Kulisse einfach stimmte und es mir damals Freude machte, mit Landfrauen über ihre Produkte zu sprechen, die sie dort nicht selten, in ihren rheinhessischen Dialekt verfallend, feilboten.
Die Marktstände sind übrigens auf dem Domvorplatz angesiedelt. Der alte Dom wurde vor mehr als 1000 Jahren errichtet und ist das Wahrzeichen der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt.
Bewusst habe ich darauf verzichtet, den prachtvollen Dom und die barocken Dom- und Bürgerhäuser um den Markt zu fotografieren, weil ich den Schwerpunkt auf die Mainzer Marktstände richten wollte. Mich interessierte, was man in der ersten Juliwoche dort anbietet, wie ausgedehnt das Bio-Programm ist und auch, ob sich dort vielleicht Stände von Migranten zwischenzeitlich etablieren konnten. Gleich vorab: Solche Stände gibt es nicht.
Spontan fiel mir auf, dass vergleichsweise wenige Tomaten (Herkunftsland primär Treibhaus Belgien) angeboten wurden, was, wie ich erfuhr, der derzeitigen Trockenheit geschuldet sei, ganz ähnlich sah es mit Salaten aus.
Ausgewiesene Bioprodukte gab es nur wenige. Die Landfrauen sprachen aber davon, naturnah anzubauen oder solche Produkte hinzuzukaufen.
Große Blumenstände wie ich sie aus Studienzeiten in Erinnerung hatte, gab es nicht mehr, allerdings einen sehr schönen Stand einer Floristin, die zauberhafte Blumen-Kreationen für den gut gefüllten Geldbeutel anbot und einen weiteren primär mit Freilandrosen. Hinter diesem Marktstand erstreckt sich ein offenbar neu angelegtes Beet mit Sommerblumen, das man begehen kann und dabei den Eindruck hat, im Paradies angekommen zu sein. Solche Beete sollte man überall in den Städten anlegen, weil sie Balsam für die Seele sind.
Das Publikum, in erster Linie Leute aus der Staatkanzlei, den Ministerien und von der Uni oder deren EhepartnerInnen hatten mit den Marktpreisen kein Problem, obschon diese teilweise recht gesalzen waren, wenn man bedenkt, dass es sich eher selten um ausgewiesene Demeter- oder andere Bioprodukte handelte.
Erdbeeren in fast schwarzer Farbe weckten mein Interesse und auch Kirschen aus Finthen, allesamt von guter Qualität. Spannend war der Vergleich von feilgebotenen Aprikosen, die am Stand sehr bodenständiger Rheinhessinnen qualitativ am besten waren.
Schon fast betrügerisch ging es an einem kleinen Marktstand zu, an dem Pfifferlinge zu einem auffallend überzogenen Preis verkauft wurden, jedoch nur die halb so teuren Pilze, die bereits einige Tage alt waren, in einer nicht sofort als solche erkennbaren Nebenkiste preislich ausgezeichnet waren. Die Bauernfängerei funktionierte bestens, auch wenn die meisten Käuferinnen beim Zahlen grimmig guckten, sich aber offenbar nichts vergeben wollten in ihrem wenig marktgerechten Outfit.
Die Temperaturen hielten mich ab, Käse- sowie Fleisch und Wurstwaren einzukaufen, obschon das Preis- Leistungsverhältnis im Verhältnis zu Pfifferlingen akzeptabel war. Hier sind Kühltaschen angesagt, wenn man sich länger in der Stadt aufhalten und nicht sogleich nachhause an den Kühlschrank eilen möchte.
Die beiden Käsestände erwiesen sich als wahre Fundgruben sehr guter Manufakturwaren. Das gilt auch für die rheinhessischen Metzgereien, deren Produkte ich beim nächsten Besuch testen werde. Ein Geflügel- und ein Fischstand waren sehr gut besucht, des Weiteren der Stand einer Kaffeerösterei, einer Essigmanufaktur und eines Tiroler Hofladens.
Gefreut habe ich mich, dass es zu den frischen Bohnen, die ich kaufte, auch ungefragt Pfefferkraut gab, denn nur so schmecken sie nach Sommer und man im Bereich von Kräutern und Gewürzen vieles erwerben kann, was es selbst in gut sortierten Verbrauchermärkten nicht gibt. Speziell Estragon ist in der deutschen Küche nicht unbedingt Programm, jedoch interessant an so manchem Sommergericht.
Einige kleine Weinstände erinnerten daran, dass man sich in einem Weingebiet befindet. Dort wurde Flaschenwein von wenig bekannten Weingütern anboten für all jene, die zuhause ein Schöppchen trinken wollen, sei es während des Kochens oder anschließend.
Wonach ich Ausschau hielt, waren Kinder. Gut, die Ferien haben am 1.7. begonnen. Dies könnte der Grund sein, auch für manch anderes, was ich vermisste. Also wird es einen weiteren Marktbesuch Ende August geben, um die Eindrücke zu vervollständigen.
Helga König
PS: Das sind Finthener Kirschen. Sie gehören zu Mainz wie der Dom.